In der Klinik für Urologie im Loretto-Krankenhaus stellt die Behandlung des Harnblasenkarzinoms einen besonderen Schwerpunkt dar. Unser oberstes Ziel ist es, Patienten von der Erkrankung zu heilen – und dabei nach Möglichkeit die Harnblase zu erhalten. Dabei sind wir ein eingespieltes Team aus unterschiedlichsten Fachrichtungen – mit höchster ärztlicher und pflegerischer Kompetenz aus Urologie, Onkologie, Anästhesie, Strahlentherapie, Radiologie, Pathologie und Physiotherapie. Mit der Stomatherapie sowie mit Selbsthilfegruppen sind wir hervorragend vernetzt, um unseren Patienten in jeder Situation die optimale Therapie anbieten zu können. Denn die erfolgreiche Behandlung des Harnblasenkarzinoms ist immer eine Mannschaftsleistung!
Das Harnblasenkarzinom ist in Deutschland die fünfthäufigste bösartige Tumorerkrankung. Jedes Jahr wird bei über 22.000 Männern und bei über 7.000 Frauen in Deutschland diese Diagnose gestellt. Etwa die Hälfte der Harnblasenkarzinome tritt bei Rauchern auf, aber auch andere Faktoren wie z.B. langfristiger Kontakt mit Lösungsmitteln oder chronische Entzündungen in der Harnblase können ein Harnblasenkarzinom verursachen.
Auch wenn die meisten Harnblasentumore bei der Erstdiagnose oberflächlich wachsen und das Leben der Betroffenen nicht unmittelbar bedrohen, sind zuletzt in Deutschland jedes Jahr etwa 6.000 Menschen an Harnblasenkrebs gestorben. Das Harnblasenkarzinom hat eine erhebliche Neigung, nach einer erfolgreichen Therapie wieder aufzutreten oder fortzuschreiten, weshalb regelmäßige Kontrolluntersuchungen von besonderer Bedeutung sind.
Harnblasenspiegelung und Elektroresektion der Harnblase (TUR-B)
Harnblasenkarzinome fallen häufig durch Blutbeimengungen im Urin auf. Aber auch Reizzustände der Harnblase, wiederkehrende Harnwegsinfekte oder Schmerzen in der Nieren- oder Blasenregion können Hinweise auf ein Harnblasenkarzinom sein. Die Harnblasenspiegelung (Urethrozystoskopie) kann die Diagnose sichern und gibt Auskunft über die Art, Größe und Lage des Tumors. Zur histologischen Sicherung erfolgt dann die Entnahme von Gewebe aus der Harnblase mit einer elektrischen Schlinge („Elektroresektion der Harnblase“, TUR-Blase) in Narkose. Hierbei wird der gesamte Tumor entfernt, und es müssen Proben aus den tieferen Harnblasenschichten entnommen werden, um einen Befall der Muskelschicht der Harnblase auszuschließen oder zu bestätigen. Denn das auffällige Gewebe der Blase wird nach der Entfernung mikroskopisch untersucht. Die meisten Harnblasenkarzinome wachsen zum Zeitpunkt der Erstdiagnose nur in die oberflächlichen Schichten der Blasenwand hinein. In diesem Falle ist die Therapie nach einer Resektion und ggf. einer Instillationstherapie abgeschlossen.
Photodynamische Diagnostik (PDD)
Die photodynamische Diagnostik (PDD) bietet die höchstmögliche Sicherheit bei der Diagnose des Blasentumors. Hierbei wird ein Fluoreszenzfarbstoff (Hexaminolävulinsäure, Hexvix®) vor der geplanten Elektroresektion (TUR-B) über einen Blasenkatheter in die Blase eingebracht. Tumorzellen in der Harnblase nehmen den Farbstoff auf und schimmern bei der anschließenden Spiegelung der Harnblase rötlich, was den Kontrast zwischen gesundem und bösartigem Gewebe deutlich erhöht. So können insbesondere kleinere Tumoren oder flach wachsende Tumore wie das aggressive Carcinoma in situ deutlich besser erkannt und diagnostiziert werden.
Nach der Elektroresektion/TUR-B
Bei oberflächlichen Harnblasenkarzinomen wird unmittelbar nach der Elektroresektion ein Chemotherapeutikum (z.B. Doxorubicin, Mitomycin C) in die Harnblase eingebracht, um die Anheftung von Tumorzellen an anderen Stellen der Harnblase zu vermeiden (Frühinstillation). Zudem kann es bei bestimmten oberflächlichen wachsenden Tumoren sinnvoll sein, ambulant regelmäßige Instillationen eines Chemotherapeutikums (z.B. Mitomycin C oder BCG) in die Harnblase durchzuführen, um das Risiko für ein Rezidiv und das Risiko für das Fortschreiten des Tumors zu aggressiveren Stadien zu verringern. Bei einigen Tumoren ist es sinnvoll, die Elektroresektion nach 4-6 Wochen zu wiederholen. Bei anderen oberflächlich wachsenden (nicht muskelinvasiven) Tumoren müssen regelmäßig Nachsorgeuntersuchungen in Form von Harnblasenspiegelungen stattfinden, um Rezidive frühzeitig zu erkennen.
Bei muskelinvasiven und aggressiven Harnblasenkarzinomen wird im Anschluss an die Elektroresektion eine Ausbreitungsdiagnostik (Staginguntersuchungen) durchgeführt. Dabei wird mittels Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (MRT) Lymphknoten- oder Fernmetastasen erkannt oder ausgeschlossen.
Das Vorgehen bei einem muskelinvasiven Harnblasenkarzinom wird patientenorientiert im interdisziplinären Tumorboard festgelegt. Dabei kommen mehrere mögliche Verfahren zum Einsatz:
Operative Entfernung der Harnblase
Die beste Prognose erzielt die radikale Zystektomie (Blasenentfernung) mit Entfernung von Lymphknoten. Eine zusätzliche Chemotherapie (vor oder nach der Zystektomie) kann die Prognose und das Gesamtüberleben in bestimmten Fällen verbessern. Bei dieser Operation, die in der Regel einen zweiwöchigen Klinikaufenthalt notwendig macht, muss auch ein Ersatz für die Harnblase gebildet werden.
Harnableitung
Je nach individueller Situation gibt es unterschiedliche Formen des Harnblaseneratzes, die unterschiedliche Vor- und Nachteile haben.
Die Ileum-Neoblase ist der ursprünglichen Harnblase sehr ähnlich. Sie wird nach der Blasenentfernung aus Dünndarm gebildet, und sie wird an die beiden Harnleiter und die Harnröhre angeschlossen. Nach der Einheilungszeit funktioniert das Speichern von Urin und das Wasserlassen ähnlich der eigenen Harnblase. Wichtig ist, dass die Funktion des Schließmuskels nach dem Eingriff einige Wochen bis zur Rehabilitation benötigt. Langfristig wird mit dieser Methode eine hervorragende Lebensqualität erhalten. Voraussetzung für eine Neoblase ist der Erhalt des Schließmuskels und eine ausreichend gute Nierenfunktion. Auch sollten keine Vorerkrankungen am Darm vorliegen.
In bestimmten Situationen kann es sinnvoll sein, die operative Therapie mit einer Chemotherapie zu kombinieren. Die Chemotherapie kann dann entweder vor einer operativen Therapie der Harnblase erfolgen („neoadjuvante Chemotherapie“) oder danach („adjuvante Chemotherapie“). Mit dieser Therapie wird eine zusätzliche Sicherheit geschaffen, um das Risiko für ein Wiederauftreten des Tumors nach der Blasenentfernung so gering wie möglich zu halten.